was wirklich gefährlich ist…

Wirklich beunruhigend an der „wir brauchen Internetfilter um unsere Kinder zu beschützen“-Masche ist, dass sie tatsächlich funktioniert.

Immer wenn ich im Familien‑, Freundes- oder Kollegenkreis das Thema zur Sprache bringe, findet sich mindestens eine Person, die etwas sagt wie: „Ja, aber wir müssen doch was tun, und es schützt doch die Kinder.“

Meistens hat diese Person selbst Kinder, ist aber meistens auch gut gebildet. Hat studiert, kann kritisch denken, kennt sich in der Welt aus. Und glaubt dennoch erst einmal fest daran, dass Internetfilter eine notwendige Sache sein können… 

Im Netz der Piraten?

Auf Zeit​.de findet sich gerade ein Kommentar von Susanne Gaschke. Leider vermischt sie dort zwei Themen auf eine sehr unglückliche Art und Weise: Die aktuelle Debatte um die Sperrung von Kinderpornographie und den Prozess um The Pirate Bay.Dabei kommt sie zu dem Schluss, dass Sperrungen im Internet eben doch möglich und nötig seien, zum Schutz der Kinder und der Kultur.

Und hier irrt sie meiner Ansicht nach. Um das zu erklären möchte ich ein wenig ausholen:

Der Schutz unserer Kinder vor Missbrauch, Journalismus, Menschen die im großen Maßstab von der Erzeugung von Kulturgütern leben können, das sind Errungenschaften einer gesellschaftlichen Entwicklung. Wenn wir sie behalten wollen, müssen wir den Wunsch nach diesen in unserer Gesellschaft verankern.

Manche dieser Errungenschaften sind allgemein anerkannt: Niemand will, dass zum Beispiel Kinder mißbraucht werden. Kinderpornographie ist weltweit geächtet, mir ist kein Staat bekannt wo diese legal wäre, es gibt allenfalls unterschiedliche Ansichten darüber, wo diese beginnt.

Andere dieser Errungenschaften sind wiederum nicht mehr allgemein anerkannt, ja sogar strittig. Dazu gehört das uneingeschränkte Recht eines Urhebers (oder seines Herausgebers), gänzlich alleine über die Verbreitung seiner Erzeugnisse zu bestimmen.

Wenn diese strittigen Errungenschaften weiterhin erhalten bleiben sollen, muss den Menschen in dieser Gesellschaft verständlich gemacht werden, wieso es besser ist, diese Dinge zu haben. Ansonsten werden sie diese nie akzeptieren.

Momentan wird stattdessen versucht, diese gesellschaftlichen Errungenschaften mittels technischer oder juristischer Hilfsmittel zu schützen. Und da die (wahrgenommene) Bedrohung dieser Errungenschaften durch ein Transportmedium entsteht dass sich zu einem zentralen Schauplatz des täglichen Lebens entwickelt hat, greift jedes dieser Hilfsmittel unmittelbar in die Grundrechte eines jeden Bürgers ein.

Das Internert ist nicht ein ominöser „Raum“ in den man sich begibt. Es ist nicht irgendein Ausland, es ist ein Transport- und Kommunikationsmedium wie das Telefon oder die Post. Und es sollte auch genau so vorsichtig und respektvoll behandelt werden.

Frau Gaschke schreibt weiter:

Die Freiheit von Literatur, Kunst und Wissenschaft ist ein hohes Verfassungsgut. Zu dieser Freiheit gehört das Recht des Urhebers, nicht im Internet enteignet zu werden. Verlieren wir diese Freiheit, setzen wir unsere kulturelle Zukunft aufs Spiel.

Die angesprochene Freiheit zielt darauf, dass diese Dinge frei erstellt werden dürfen, dass ihre Erzeugnisse nicht zensiert werden, dass jeder das Recht hat daran teilzunehmen. Nicht auf die wirtschaftliche Sicherheit derjenigen die diese Dinge erzeugen.

Es geht nicht darum, „die elitäre »etablierte« Kunst […] durch das unlektorierte Mitteilungsbedürfnis der Nutzermassen“ zu ersetzen.

Es geht darum, zu erkennen, dass ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel stattfindet: Durch geänderte technologische Rahmenbedingungen funktionieren viele althergebrachte Geschäftsmodelle schlicht nicht mehr.

Unsere Gesellschaft wäre besser beraten, sich neue Wege auszudenken unsere Kultur zu erhalten, anstatt mittels Technik und gefährlichen Gesetzen Mauern zu errichten. Der Erfolg von DRM-freien Musikdownloadportalen zeigt, dass die Konsumenten durchaus bereit sind für Kulturerzeugnisse Geld zu bezahlen. Nur eben nicht zu allen Bedingungen. Auch erste Schriftsteller und Musiker experimentieren mitunter schon sehr erfolgreich damit, ihre Werke zusätzlich zur herkömmlichen physikalischen Ausgabe kostenlos als freie Datei im Netz zu veröffentlichen.

Ohne Zweifel, wir befinden uns in interessanten Zeiten: Genau in dem Übergang von einer Gesellschaft in der Kopien von Kulturwerken nur als physische (und damit grundsätzlich mehr oder weniger teure) Artefakte gehandelt wurden, in eine, wo die Vervielfältigung von Kulturwerken prinzipiell gar nichts mehr kostet.

Dieser Übergang ist aufregend, schmerzhaft und gefährlich. Noch weiß kaum jemand, wo die Reise genau hingeht. Aber mir ist es lieber, wenn wir jetzt über das Ziel nachdenken, als darüber, wie wir den momentanen Stand zementieren könnten.

*Update: Don Dahlmann hat offenbar sehr ähnliche Gedanken:

Wenn man es sehr spitz formulieren möchte, dann sieht man gerade den Beginn einer neuen Auseinandersetzung zweier mächtigen Systeme, die gerade am Rand der reinen philosophischen Auseinandersetzung taumeln.

Er folgert dann auch messerscharf:

Ich denke, dass man früher oder später nicht darum herum kommt, sich eine politische Plattform zu schaffen.

Don, ich lade Dich gerne ein der Piratenpartei beizutreten, und unser Profil zu schärfen!

Fluchen und andere Gotteslästerungen…

Finya ist zivilisiert geworden. Ich hab das ja nicht nötig. Wenn ich sauer (und nicht in feinster Gesellschaft) bin, entkommen meinem Mund arg unflätige Worte, gerne auch popkulturell geprägt.

Was mich aber stets fürchterlich aufregt, ist wie tief das religiöse Fluchen in einem sitzt:

  • Herrgottssakra!
  • Mein Gott… (gefolgt von einer Auflistung der Dinge die mich gerade aufregen)
  • Jesus!
  • Herrgottnochmal, (gefolgt von Sätzen wie: „können die sich mal entscheiden?“)

Die Liste ließe sich leidlich fortsetzen.

Was mich daran aufregt? Ich bin, verdammt nochmal, überzeugter Atheist! Ich seh gar nicht ein, warum ich den unsichtbaren Freund anderer Leute in meinen Flüchen verwenden sollte!

Leider sitzen diese Ausdrücke derart tiefverwurzelt in meinem Sprachschatz, dass sie mir doch immer wieder mal unterkommen. Ist das jetzt die Bestrafung für das Ungläubig-sein?