Steinmeier über Medien und Demokratie

Carta​.info habe ich ja in kürzester Zeit als sehr lesenswertes Online-Magazin schätzen gelernt.

Heute nun wurde dort ein Gastbeitrag von Frank Walter Steinmeier veröffentlicht: „Die Beziehung von Medien und Demokratie ist heute manchmal brüchig“ Insgesamt ist es ein Abriss der medienpolitischen Absichten der SPD, eingeleitet von einer knappen Analyse des Ist-Zustandes.

Ganz richtig erkennt Steinmeier, dass Demokratie und Medien einander brauchen, ja die Demokratie funktionierende kritische Medien zwingend zum Leben braucht. Ebenso treffend kommt er zum Schluss, dass dieses auch für die Medien im Internet gilt:

Das gilt es auch im Zeitalter des Internets zu bewahren und neu zu schaffen. Auch wenn sich Öffentlichkeit heute längst in zahllose Teilöffentlichkeiten verwandelt und sich fallweise nur noch mit Alterskohorten oder Milieus verbunden hat, bleibt Öffentlichkeit als Demokratie begründendes Ganzes, als gesellschaftliche Zielvorstellung gültig.

Dass man die Medien nur eingeschränkt dem freien Spiel des Marktes überlassen darf ist, gerade aus klassisch-sozialdemokratischer Sicht sicherlich korrekt. Eine Konzentration der Meinungsmacht auf wenige Akteure kann schnell gefährlich werden. Die geforderte Balance zwischen Kultur- und Wirtschaftsgut ist dann sogar fast schon piratig.

Kurz danach wird es jedoch eher gruselig, dann zählt Steinmeier nämlich auf, was er, bzw. die SPD konkret vor haben:

  • Er spricht von einem zeitgemäßen Medienkonzentrationsrecht, warnt vor ominösen „Vermachtungsstrukturen“ und vor Google. Was er genau damit meint, schreibt er nicht, aber es erinnert sehr an die Hamburger Erklärung. Damit zeigt er gleich am Anfang auf, dass er eher die Interessen der großen Verlage schützen möchte, statt denen der Medienempfänger oder gar der Öffentlichkeit.
  • Die Forderung von „Breitband für alle“ ist Wahlkampf pur, dennoch natürlich begrüßenswert.
  • dpa als (gemeinnützige?) Stiftung“ ist eine grandiose Idee. Völlig chancenlos, aber grandios.
  • Nachdem er im Internet Medienkonzentration fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, ist das offline, im Zeitungsgewerbe offenbar vollkommen in Ordnung: Das Pressefusionsrecht sollte gelockert werden, und tatsächlich, die Forderungen der Hamburger Erklärung werden im Kern vollkommen übernommen. Damit wird zwar die Medienwirtschaft geschützt, nicht aber die Meinungsfreiheit oder gar der Qualitätsjournalismus.
  • Welche „verdunkelnden“ Missbrauchsmöglichkeiten bei Internetangeboten er im nächsten Punkt mit noch einem Rechtsrahmen für Internetangebote vermeiden will ist wieder einmal vollkommen unklar. Herrn Steinmeier wahrscheinlich auch, aber so erscheint er als der starke Mann, der auch etwas tut.
  • Mit welchen Anreizen private TV-Sender dazu gebracht werden sollen, „ihrer öffentlichen Aufgabe mehr als bisher nachzukommen“ bleibt auch (wohlweislich) unerwähnt.
  • Ich frage mich auch, wo Herr Steinmeier die Gefahr sieht, dass das die „Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks […] auf eine abschüssige Bahn“ kommen könne. Die eingehenden Gebühren sind schon seit Jahren auf hohem bis steigendem Niveau.
  • Ein Medienatlas ist sicherlich interessant, aber im Endeffekt der unspannendste Vorschlag des Kanzlerkandidatens.

Im Fazit erklärt er, dass all diese Maßnahme ein Ziel hätten:

Die Leistungsfähigkeit des deutschen Mediensystems wenigstens auf dem heutigen Stand zu erhalten, besser noch, auszuweiten.“

Man beachte, dass er hier nicht mehr von der „von den Medien hergestellten und getragenen Öffentlichkeit“ spricht. Die ist dem Medienystem nämlich eigentlich egal, solange Geld mit Medien verdient wird. Aber die müsste er fördern, wenn er sein Ziel wirklich erreichen will.

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