D&D 4.0 — mein erster Eindruck

„Bah!“ Oder auch: Sorry, das war nix.

Handwerklich ist es ja schön gemacht, für 20 Euro bekommt man ein schickes Hardcover, innen vollfarbig und ansprechend gestaltet. Man findet sich im Players Handbook auch ganz gut zurecht, alle Informationen sind schnell nachschlagbar, und die Illustrationen sind wirklich nicht unschön.

Auch alle Heldenfähigkeiten, seien es Zauber, Talente oder spezielle Angriffe und Tricks sind sauber sortiert und vereinheitlicht worden. Es gibt eine schöne Aufteilung in „immer verfügbar“, „einmal pro Begegnung (sprich: Kampf) und „einmal pro Tag“. Alle diese Fähigkeiten sind nach einem einheitlichen Muster beschrieben und funktionieren nach gleichartigen Regeln. Dadurch werden sie schnell verstanden und es gibt wenig Unklarheit. Dadurch dass man im Zuge der Charakterentwicklung eine unglückliche Auswahl dieser Fähigkeiten wieder ändern kann, kann ich mir schon vorstellen, damit Charaktere taktisch sinnvoll zu entwickeln.

Überhaupt: Kämpfe. Das Spielerhandbuch widmet gefühlte 95% aller Inhalte, Charakterfertigkeiten, Beispiele, magische Fähigkeiten, etc. dem Kampf. Das macht das Regelwerk einerseits sehr angenehm und flüssig zu lesen, ein Rollenspiel stelle ich mir dann aber doch anders vor.

Diese Fokussierung auf den „aufregenden“ Aspekt des Rollenspiels findet sich in allen Bereichen: Den Beschreibungen der Spielertypen, der Charakterklassen, den Illustrationen, der Zauber.. eigentlich alles, insbesondere aber auch den Auswahlmöglichkeiten bei Charaktererschaffung und ‑entwicklung.

Jede Charakterklasse bekommt einen Grundstock an Wissen und für die jeweils wichtigen Dinge. Was nicht in das Konzept der Klasse passt ist nicht einmal optional oder zu höheren Kosten zu nehmen. Man kann später über ein spezielles Multiclassing Feat einzelne Spezialfähigkeiten anderer Charakterklassen erlernen, aber wenn ich es richtig gesehen habe, kann ein Wizard zum Beispiel nie dediziert Klettern verbessern! Es passt nicht zum Konzept und ist daher nicht erlaubt.

Auffallend auch das Schielen nach besonders einfacher Umsetzung als Computerspiel: Gegenstände belegen „slots“ auf dem Charakterbogen und können nur da getragen werden, werden nach ihrem „Slot“ beschrieben und sortiert, usw. Solche Ansätze finden sich wirklich überall im Regelwerk. 

Dazu kommt noch eine „Meilenstein“ Regel: Wenn man zwei Kämpfe ohne Ausruhen dazwischen bestritten hat, hat man einen Meilenstein hinter sich. Der gibt diverse Vorteile, die dann aber zu fürchterlich viel Buchhaltung auf Seiten der Spieler führen — schade, nachdem man sich so viel Mühe gemacht hat, selbige zu minimieren führt man fast im Nebensatz diese Regelung ein und macht fast alles zunichte.

Beim Lesen wurde mir eines leider ziemlich schnell klar: Die Games-Workshopfizierung hat komplett zugeschlagen! Das geht damit los, dass gleich zu Anfang ganz dreist gesagt wird, dass man auf jeden Fall für jeden Spieler ein Spielerhandbuch bräuchte, daß DM Guide und Monster Manual natürlich überhaupt nicht optional seien und ohne Miniaturen (Hier wird ausnahsweise nicht auf den „offiziellen“ Produkten bestanden) geht es angeblich sowieso nicht. Konsequenterweise gehen die Regeln auch komplett davon aus, dass alle Kämpfe (und viel mehr gibt es laut Spielerhandbuch auch nicht) auf einer Karte mit 1‑Zoll-Feldern ausgetragen werden. Und so ist D&D jetzt wieder ein sehr ausgefeiltes Tabletopspiel geworden bei dem jeder Spieler eine einzige Miniatur hat. 

Das allerdings (ohne bislang ein Testspiel gewagt zu haben) scheint ganz gut gelungen zu sein.

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