Staatsaffäre

Das, war wir da gerade um Edathy, Friedrich, Oppermann, die Staatsanwaltschaft, Gabriel etcpp. bestaunen zeigt eindrucksvoll, auf was für einem Posten unsere Politik inzwischen so steht.

Heute morgen ist mir ja nur deswegen der Kaffee nicht aus dem Gesicht gefallen, weil es den nur unten in der Hotellobby gab, und nicht im Zimmer, wo ich das Frühstücksfernsehen sah. Und da sah ich dann den Friedrich im Interview, wo er tapfer und ernsthaft behauptete, dass er die Information über den Edathy nur deswegen an die SPD durchgestochen hätte, weil er ja „Schaden vom deutschen Volke abwenden“ wollte. Nein ehrlich, das hat er so gesagt!

Da habe ich mich dann erst mal eine Stunde lang drüber aufgeregt, und dann bin ich ins Grübeln gekommen: Was, wenn der Mann aus seiner Sicht wirklich recht hat?

Versetzen wir uns mal in die Rolle eines Ministers, der eben auch tapferer Parteisoldat ist. Und nun erfahren wir, dass es da einen Kollegen von dem frischgebackenem neuen Koalitionspartner gibt, der, naja, man weiß ja nichts genaues, ist womöglich auch gar nicht strafrechtlich relevant, aber das ist schon unappetitlich, was mit Kindern und so.

Wenn der Koalitionspartner den jetzt in irgendein Amt hievt, und dann kommt das raus, also, da mag man ja gar nicht drüber nachdenken! Und jetzt steht man vor der Wahl: Verletzt man das Amtsgeheimnis, um dafür zu sorgen, dass der Mann gar nicht erst in Betracht gezogen wird, oder läuft man sehenden Auges in die Katastrophe, dass es in einigen Monaten heißt „wieso haben Sie das zugelassen, dass SO einer, also wirklich!“?

So oder so ähnlich beginnen glaube ich alle Tragödien, da steht einer plötzlich vor einer Entscheidung, in der man nicht mehr gewinnen kann. Und alle von hier ab involvierten standen vor einer ähnlichen Entscheidung: Streng nach Recht und Gesetz handeln, oder die drohende PR-Katastrophe irgendwie eindämmen.

Und angesichts des heutigen Medienzirkus, inkl. der allgemeinen Hysterie, wenn es um solche Dinge geht, war klar, dass alle, wirklich alle involvierten Spitzenpolitiker sich nur in eine Richtung entscheiden konnten. Damit man weiter Politik machen kann, und nicht ggfs. gleich wieder wählen lassen muss. Sowas kostet ja auch…

Der Witz an der Sache? Wenn sich die ermittelnde Staatsanwaltschaft mal zurückgenommen und streng nach Recht und Gesetz gehandelt hätte, dann hätte diese ganze Affäre nicht stattgefunden. Darüber sollten die Granden von CDU/CSU/SPD mal nachdenken, wenn sie das nächste Mal über Sicherheitsgesetze nachdenken…

Homophobie

In meinen Google+-Kreisen und in meinem RSS-Feed tauchen seit einiger Zeit Bekenntnis-Posts auf: Dort wird ehrlich geschildert, wie homophob man früher gewesen sei, wie das kam, und warum man das jetzt nicht mehr sei.

Im Endeffekt ist das wahrscheinlich eine lobenswerte Reaktion auf die seltsamen Zeitungskommentare und Talkshowrunden in letzter Zeit, und eigentlich springe ich ja gerne auf jede Sau auf, die da gerade durchs Dorf getrieben wird.

Aber hier geht das irgendwie nicht ganz. Denn wenn ich so in mein Leben zurückdenke, dann war ich nie homophob. Oh, ich habe sicherlich als Jugendlicher das Wort „schwul“ als Adjektiv für „das ist aber doof“ verwendet. Das tut mir im Nachhinein auch sehr leid, und ich ärgere mich immer, wenn andere das in meiner Gegenwart noch tun. (Überhaupt scheint es mir, dass man als Heranwachsender sich erstaunlich wenig Gedanken über das eigene Vokabular macht.)

Aber ich hatte nie eine wirkliche Verbindung zwischen dem spontanem Ausruf und tatsächlichen männerliebenden Männern gezogen. Mir ging es da weitgehend wie Torsten Kleinz: Homosexuelle Menschen waren einfach kein Teil meiner Lebenswelt. Es mag sein, dass einzelne Mitschüler heimlich oder zu dem Zeitpunkt unbewusst homosexuell waren, aber wenn, dann haben sie sich erst geoutet, nachdem ich komplett den Kontakt zu ihnen verloren habe.

Insofern wusste ich zwar um die theoretische Existenz von schwulen, lesbischen und anderen nicht heteronormativen Beziehungsformen, aber all das war ungefähr gleichbedeutend mit der Existenz von Cowboys, Astronauten oder Rockstars: Es gab diese Menschen, aber eben nur „irgendwo da draußen“. Die waren nicht bedrohlich oder sonstwas, sondern einfach nur irgendwo in der Welt existent. Und das Radio Gaga Video von Queen fand ich einfach nur cool und lustig.

Und als ich dann doch so langsam meinen ersten Cowboys, Schwulen, Transvestiten und eben auch Rockstars begegnete, dann war mir eigentlich ganz schnell klar, dass das auch nur Menschen sind. Und so habe ich die dann auch behandelt.

Alles andere wäre mir lächerlich erschienen.