Innere Sicherheit verstärken, jetzt!

War ja klar, kaum gab es irgendwo einen Anschlag, kommen die Innenpolitiker aus ihren Löchern und stellen Forderungen. Vorratsdatenspeicherung, Überwachung, Kameras, whatever.

Hier mal ein paar Forderungen, die ich sehr lange nicht gehört habe, die ich aber quasi sofort mittragen würde:

  • Mehr Polizisten auf die Straße. „Bürgenahe Beamte“ nennt man sowas. Während meines Zivildienstes konnte ich so einen mal kennenlernen. Den Namen hab ich leider vergessen, aber es war ein sehr netter und freundlicher Mann, der so einmal die Woche im Freizeitbereich des Altenheims aufschlug, mit uns einen Kaffee trank und kurz versicherte, dass alles sicher sei, und auch gerade keine Einbruchserien vermeldet wurden. Warum man solche Leute erst in einem Altenheim kennenlernt ist wohl auch so ein Symptom unserer Gesellschaft.
  • Mehr Polizisten überhaupt. Die sind doch eh schon alle überarbeitet, insofern kann das sicher nicht schaden. Alleine der notwendige Papierkram…
  • Mehr Gehalt für Polizisten. Die machen nämlich einen wirklich wichtigen Job, bei dem sie mit allerhand Kram konfrontiert werden, der mir persönlich schon zuviel wäre.
  • Bessere Polizisten. Nicht, dass die jetzigen schlecht wären (ich kenne zu wenig um das wirklich zu beurteilen), aber wenn man mal regelmäßig z.B. das Lawblog liest, oder die jüngsten Vorfälle in Dresden, dann kann man an der Qualität sicher noch schrauben. Also, besser ausbilden, besser kontrollieren, besser motivieren.
  • Bessere Ausrüstung für die Polizisten. Also, Hubschrauber die Benzin haben, Computer, die den Begriff „modern“ auch verdienen, und so weiter. Also, Ausrüstung, die tatsächlich von der bestehenden Mannschaft gebraucht und verwendet wird. Nicht Kameras und so Zeugs, dass erst mal noch mehr Manpower braucht, damit man überhaupt was damit anfangen kann.

Wie gesagt. Keine dieser Forderungen hört man derzeit in der Politik. Schade eigentlich…

Nicht durchdache Petitionen — Parteispenden

uiuiui… wat'n Schnitzer:

Um Interessenskonflikte in der Gesetzgebung zu vermeiden sollen jegliche Arten von Parteispenden verboten werden.

Interessenskonflikte zu verhindern ist ja schön und gut, aber keine Parteispenden mehr? Dann könnten neue Parteien eigentlich gar nicht mehr entstehen (ausser, man setzt den Mitgliedsbeitrag schön hoch und führt komplizierte Ausnahmeregelungen ein). Die Etablierung einer Partei in der Medienlandschaft kostet Zeit und eben auch Geld. Der Petent sieht das ja teilweise auch ein:

Parteien sind mitunter aber abhängig von der Finanzierung durch Spenden. Man müsste also mindestens einen staatlichen Ausgleich einführen.

Woher dieses Geld kommen soll bleibt offen, ebenso wie Parteineugründungen oder noch unbekannte Parteien hierfür werben könnten. Den Ausgleich per Abstimmung auf die Parteien zu verteilen klingt erstmal sehr demokratisch, bei der tatsächlichen Ausarbeitung solcher Dinge sehe ich aber ziemlich viele Probleme.

Der Grundgedanke — Parteien von Beeinflussung frei zu halten ist ja per se gar nicht mal so verkehrt. Aber diese „Lösung“ zementiert nur den Status Quo der Volksparteien — und als Anhänger einer der „Sonstigen“ kann ich das natürlich gar nicht gutheißen. :)

Aber man soll ja nicht nur meckern, wie wäre es stattdessen mit dieser spontanen Idee: Alle Spenden die einen gewissen Rahmen überschreiten müssten nicht nur gemeldet werden, sondern werden auch bis nach der nächsten Bundestagswahl auf einem Anderkonto außerhalb des Parteizugriffs geparkt. Das beseitigt die Beeinflussung natürlich nicht, aber die wird es immer irgendwie geben.

Stattdessen gibt man damit dem Bürger vor der Wahl das Wissen an die Hand, welcher Lobbyverein da gerade wen finanziert, idealerweise direkt auf dem Stimmzettel! Damit bewaffnet kann er sich dann bei Abgabe der Stimme in der Wahlkabine seine Gedanken machen…

Nach der Wahl ist vor der Wahl

So übel steht die Piratenpartei ja gar nicht da. Zwei Prozent, dass ist mehr als die Grünen bei ihrer ersten Bundestagswahl mitnehmen konnten, und in Sachsen traten die Piraten nicht einmal an! Natürlich wäre mehr schöner gewesen, aber beim nüchternen Licht des Tages betrachtet, gibt es überhaupt nichts zu beklagen, sondern sehr viel zu feiern.

Nicht ganz so zu feiern ist der Gesamtausgang der Wahl: Vier Jahre Schwarz-Gelb, das können sehr finstere Jahre werden.

Andererseits hat die FDP jetzt tatsächlich die Gelegenheit die „Bewegung Piratenpartei“ kaltzustellen. Die Liberalen sind theoretisch stark genug, um bei Koalitionsverhandlungen nicht umfallen zu müssen. Sie hätten genug Gewicht (immerhin stärker im Bundestag vertreten als die CSU) um ihre liberalen Kernforderungen auf die sie in der Zeit als Opposition so beharrt hatten jetzt auch durchzusetzen.

Guido Westerwelle sollte sich jetzt tatsächlich wie versprochen schützend vor die Bürgerrechte stellen, Ungetüme wie das Zugangserschwerungsgesetz oder die Vorratsdatenspeicherung zurücknehmen. Solche Taten würden der Piratenpartei sehr viel Zulauf nehmen, vielleicht sogar die ganze Bewegung einschlafen lassen. So sehr mich das als Pirat natürlich schmerzen würde, der Bürgerrechtler in mir würde es wohlwollend zu Kenntnis nehmen.

Realistisch wie ich bin, freue ich mich jetzt aber auf weitere Arbeit in der Piratenpartei. Parteitage wollen vorbereitet werden, die Basis muss „sich“ und ihre Ideale finden, basisdemokratische Spielregeln wollen gefunden werden. Viel Arbeit, die aber hoffentlich 2013 in einem Ergebnis >5% mündet. :)

Steinmeier über Medien und Demokratie

Carta​.info habe ich ja in kürzester Zeit als sehr lesenswertes Online-Magazin schätzen gelernt.

Heute nun wurde dort ein Gastbeitrag von Frank Walter Steinmeier veröffentlicht: „Die Beziehung von Medien und Demokratie ist heute manchmal brüchig“ Insgesamt ist es ein Abriss der medienpolitischen Absichten der SPD, eingeleitet von einer knappen Analyse des Ist-Zustandes.

Ganz richtig erkennt Steinmeier, dass Demokratie und Medien einander brauchen, ja die Demokratie funktionierende kritische Medien zwingend zum Leben braucht. Ebenso treffend kommt er zum Schluss, dass dieses auch für die Medien im Internet gilt:

Das gilt es auch im Zeitalter des Internets zu bewahren und neu zu schaffen. Auch wenn sich Öffentlichkeit heute längst in zahllose Teilöffentlichkeiten verwandelt und sich fallweise nur noch mit Alterskohorten oder Milieus verbunden hat, bleibt Öffentlichkeit als Demokratie begründendes Ganzes, als gesellschaftliche Zielvorstellung gültig.

Dass man die Medien nur eingeschränkt dem freien Spiel des Marktes überlassen darf ist, gerade aus klassisch-sozialdemokratischer Sicht sicherlich korrekt. Eine Konzentration der Meinungsmacht auf wenige Akteure kann schnell gefährlich werden. Die geforderte Balance zwischen Kultur- und Wirtschaftsgut ist dann sogar fast schon piratig.

Kurz danach wird es jedoch eher gruselig, dann zählt Steinmeier nämlich auf, was er, bzw. die SPD konkret vor haben:

  • Er spricht von einem zeitgemäßen Medienkonzentrationsrecht, warnt vor ominösen „Vermachtungsstrukturen“ und vor Google. Was er genau damit meint, schreibt er nicht, aber es erinnert sehr an die Hamburger Erklärung. Damit zeigt er gleich am Anfang auf, dass er eher die Interessen der großen Verlage schützen möchte, statt denen der Medienempfänger oder gar der Öffentlichkeit.
  • Die Forderung von „Breitband für alle“ ist Wahlkampf pur, dennoch natürlich begrüßenswert.
  • dpa als (gemeinnützige?) Stiftung“ ist eine grandiose Idee. Völlig chancenlos, aber grandios.
  • Nachdem er im Internet Medienkonzentration fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, ist das offline, im Zeitungsgewerbe offenbar vollkommen in Ordnung: Das Pressefusionsrecht sollte gelockert werden, und tatsächlich, die Forderungen der Hamburger Erklärung werden im Kern vollkommen übernommen. Damit wird zwar die Medienwirtschaft geschützt, nicht aber die Meinungsfreiheit oder gar der Qualitätsjournalismus.
  • Welche „verdunkelnden“ Missbrauchsmöglichkeiten bei Internetangeboten er im nächsten Punkt mit noch einem Rechtsrahmen für Internetangebote vermeiden will ist wieder einmal vollkommen unklar. Herrn Steinmeier wahrscheinlich auch, aber so erscheint er als der starke Mann, der auch etwas tut.
  • Mit welchen Anreizen private TV-Sender dazu gebracht werden sollen, „ihrer öffentlichen Aufgabe mehr als bisher nachzukommen“ bleibt auch (wohlweislich) unerwähnt.
  • Ich frage mich auch, wo Herr Steinmeier die Gefahr sieht, dass das die „Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks […] auf eine abschüssige Bahn“ kommen könne. Die eingehenden Gebühren sind schon seit Jahren auf hohem bis steigendem Niveau.
  • Ein Medienatlas ist sicherlich interessant, aber im Endeffekt der unspannendste Vorschlag des Kanzlerkandidatens.

Im Fazit erklärt er, dass all diese Maßnahme ein Ziel hätten:

Die Leistungsfähigkeit des deutschen Mediensystems wenigstens auf dem heutigen Stand zu erhalten, besser noch, auszuweiten.“

Man beachte, dass er hier nicht mehr von der „von den Medien hergestellten und getragenen Öffentlichkeit“ spricht. Die ist dem Medienystem nämlich eigentlich egal, solange Geld mit Medien verdient wird. Aber die müsste er fördern, wenn er sein Ziel wirklich erreichen will.