Piratenpartei, Frauen und Außenwirkung
Ich finde das ja lustig: Anicatha wird vorgeworfen, "keine weibliche Frau" zu sein (was immer das sein mag). Gleichzeitig erkennt Azundris ein grundsätzliches Kommunikationsproblem und wirft Anicatha da ein #fail vor.
Und da ist etwas dran. Natürlich ist die Piratenpartei nicht frauenfeindlich, und parteiintern ist die Gendersache auch kein Problem. Außerhalb der Partei, also in der Gesellschaft, in Lohnstrukturen, etc. aber schon. Daß die Grünen sich deshalb immer noch genötigt sehen, parteiintern seltsame Rederegelungen zu haben, zeigt wie existent diese Sache noch ist. Insofern sind Gleichberechtigung und Genderfragen zwar eigentlich kein Piratenpartei-Thema, aber es ist ein gesellschaftliches, dass die Partei nicht einfach mit einem Verweis auf „bei uns ist alles supi!“ wegwischen kann.
Das eigentliche Kommunikationsproblem ist aber ein anderes: Die Piratenpartei wird als „männlich“ wahrgenommen. Die Themenbasis ist eher technokratisch, die Parteiselbstdarstellung immer noch reichlich nertig.
Und eine Studie in Stanford (sehr lesenswert übrigens) hat kürzlich gezeigt, dass eine nertige Umgebung von Frauen in der Regel als „männlich“ und damit als schlechtes, frauenfeindliches Arbeitsumfeld angesehen wird. Und wenn jetzt Frauenrechtler daherkommen, und sich über fehlende weibliche Attribute der Partei beschweren, dann reagiert die Partei genau so, wie Nerds nun einmal auf Kritik reagieren: Leicht autistisch ich-bezogen und sehr sachlich: „Wie? Wir haben doch Frauen, und wir behandeln die genau so wie uns, wo ist das Problem?“
Das wollen Frauenrechtler aber nicht hören. Sie wollen eine Anerkennung, daß auch ihre Anliegen gesellschaftlich wichtig sind, daß die Piratenpartei sie ernst nimmt. Leider sprechen wir zum großen Teil nicht einmal deren Sprache: Da das Problem bei uns intern als nicht existent wahrgenommen wird, hat sich damit auch niemand beschäftigt. Also fehlt die Erfahrung, das Wissen um bislang gewonnene Erkenntnisse und dem Fachwortschatz. Und so verstehen wir sie nicht, und geben ihnen nicht das Gefühl, ernstgenommen zu werden.
Zugegeben, mir fällt es manchmal schwer, Leute ernst zu nehmen, die zum Beispiel auf einem Redeverbot für andere bestehen, nur weil man selbst nichts mehr zu sagen hat. Aber das macht das grundlegende Anliegen nicht weniger richtig und wichtig.
Ich denke, für die Zukunft sollte die Piratenpartei zwei Dinge in Angriff nehmen:
Zuerst die Außenwirkung optimieren, weniger nertig-männlich erscheinen. Das hat nichts mit Quotenregelung oder ähnlichem Unsinn zu tun, sondern ist schlicht Marketing. Dafür muss man auch seine Ideale nicht verraten, das geht schon.
Im Resultat werden hoffentlich dann auch diejenigen zu uns stoßen, die tatsächlich Kompetenz in diesen Fragen haben. Diese Kompetenz können wir dann nutzen um aus der Partei einen Weg aufzuzeigen, wie unsere Innensituation („Gleichberechtigung? Kein Problem!“) auf die Außenwelt, die Gesellschaft als ganzes eben projiziert werden kann. Bis dahin sollten wir uns aber mit zu lauter Kritik an der Arbeit anderer zurückhalten.