Mensch Meier

Ich bin hier oben noch ganz dicht,
der Spaß ist zu teuer, von mir kriegste nüscht!“

Rio hat ja in seinen Liedern sehr deutlich gegen Autoritäten, Staat, Bonzen und für soziales Miteinander, ja wenn nicht sogar fröhliche Anarchie Stimmung gemacht. Und in das gleiche Horn stießen und stoßen viele andere. Manchmal zu recht, meist aber mittlerweile aus Prinzip.

Nicht das ich etwas gegen das Prinzip des Datenschutzes, des Rechtsstaates, der Gerechtigkeit und des sozialen Miteinanders hätte. Wer meine Beiträge hier liest, weiss wo mein Herz schlägt. ;-)

Dennoch frage ich mich manchmal, ob das ganze wirklich so sein muss.

Verflucht ihr weiter nur den Wind in euren trägen Segeln
Ihr könnt so weit ich weiß noch nicht einmal den Regen pegeln“

Die Frustration die sich immer wieder in Liedtexten niederspiegelt, und von vielen geteilt wird ist ja sehr verständlich. Fragt mal herum: Es ist unglaublich viel im Argen. Aber: Schuld haben „die da oben“, „die Lobbyisten“, „Heuschrecken-Manager“ oder sonst eine diffuse Gruppierung. Also Hand aufs Herz: Wenn wir die Schuld so einfach zuweisen könnten, dann würde das doch genauso einfach zu regeln sein, oder? Einfach jemand besseren an die richtige Stelle setzen.

Leider geht das nie so einfach, und „das System“, „die Bonzen“, oder sonstwer verhindert das alles. So zieht jeder einen anderen Schuldigen aus dem Hut, und am besten einen den man schlicht nicht direkt belangen kann.

In diesem Licht betrachtet ist dann auch die Frage inwieweit Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte offenlegen müssen wieder nur ein Nebenschauplatz: Entweder wir trauen unseren gewählten Vertretern, oder eben nicht. 

Anscheinend haben wir uns aber entschieden, dass es gut ist, den Autoritäten erst einmal komplett zu misstrauen, grundsätzlich jede ihrer Entscheidungen als schlecht hinzustellen. Und bevor jemand schreit: Ja, das hat auch seinen Grund.

Leider ist dieser Grund nicht, dass es grundsätzlich gut ist, alles als schlecht hinzustellen. Der Grund liegt vielmehr darin, dass unsere Autoritäten, gewählte Volksvertreter, grosse Firmenbosse, etc. uns gezeigt haben, dass man ihnen nur sehr schwer trauen kann, und meistens doch hintergangen, getäuscht, oder schlicht übergangen wird. Beispiele hierfür gibt es genug, und sie übertönen all die guten Dinge, die „die da oben“ vielleicht geschaffen haben. […]

Ich bin nicht frei und kann nur wählen,
welche Diebe mich bestehlen, welche Mörder mir befehlen.“

Ist es nicht eigentlich schade, dass „Politiker“ nicht mehr ein
Ehrbegriff ist, sondern nur noch eine Berufsbezeichnung, und nicht
einmal eine sonderlich angesehene? Wenn innerhalb einer Firma „Politik
gemacht“ wird, ist das eine Umschreibung für Intrigen, Machtspielchen
und Geltungssucht. „Politische Entscheidungen“ sind solche, die gemacht
werden um irgendjemanden zu gefallen, um andere, eigene, Interessen
durchzudrücken.

Es sind solche Überlegungen die mich manchmal, im Stillen und nur ganz
leise am Konzept Demokratie zweifeln lassen. Wirklich nur ganz leise,
und immer mit fiese bösen Bauchkrämpfen.

Wenn 80 Millionen Menschen gefragt werden, entscheidet sich die
Mehrheit dann für „das Richtige“? Oder für das was ihnen am meisten
nützt?

Und wenn das Wohl von jemanden davon abhängt, ob er in vier Jahren
wieder gewählt wird, tut er dann „das Richtige“, oder das was den
meisten gefällt?

Es wurde vor kurzem ein Buch veröffentlicht, in dem Helmut Schmidt
seine Ansichten über China darlegt. Zwischen den Zeilen lässt sich eine
deutliche Achtung vor diesem Land, un ein Respekt vor den Leistungen
der chinesischen Regierungen erkennen, beginnend bei Mao!

Herr Schmidt braucht sich nun wirklich nicht vorwerfen lassen, er sei
kein glühender Verfechter der Demokratie. Allerdings erkennt er an,
dass China trotz aller Fehler, Defizite und Menschenrechtsverletzungen
funktioniert. Dem dortigen Regime ist es gelungen eine uralte Nation
die schon fast zerschlagen war wieder aufzurichten.

Interessanterweise finden sich ähnliche Gedanken auch in ganz anderen
Orten wieder: Ankh Morpork, die grösste Stadt auf Terry Pratchetts
Scheibenwelt wird von einem gnadenlosen Diktator beherrscht. Der
Patrizier hat keinerlei Hemmungen Leute zu foltern, umzubringen,
verschwinden zu lassen, etc. Aber immer wieder lässt Pterry Figuren in
den Büchern mit Bewunderung feststellen, dass Ankh Morpork funktioniert!

Ein anderes Beispiel ist Neal Stephenson: Diamond Age zeigt gleich
mehrer mögliche zukünftige Staatsformen auf, die alle auf die eine oder
andere Art anscheinend sehr effektiv sind. Keine von ihnen scheint
sonderlich demokratisch zu sein, oder gar grundlegende Menschenrechte
zu achten.

Schaut man sich die gängigen Utopien an, so ist ein Fehlen
demokratischer Strukturen eher die Regel. Kehren wir vielleicht
irgendwann zu Monarchien, oder der Herrschaft durch oberste
„Adels-„Schichten zurück?


„Hat irgendwer gesagt es wäre Zeit für Helden?


Willkommen in der Zeit Helden sind bereit seid ihr soweit“

Eine Teilung der Gesellschaft in solche Schichten ist unzweifelshaft im
Gange. Zwar gibt es immer Wanderer zwischen den Welten, aber diese sind
Ausnahmen, nicht die Regel. Ich vermute, dass sich diese Trennung
weiter vertiefen wird. Meine Hoffnung ist nur, dass sich die neuen
Eliten dieses Status als würdig erweisen.

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