Medienkompetenz: Dinge finden im Internet

Kris wirft mit Stöckchen und hofft auf Artikel zum Thema Medienkompetenz zu treffen. Eine sehr gute Idee, und da möchte ich mich doch glatt beteiligen. Dieser Beitrag wird sicherlich nicht so umfassend und genau wie Kris seiner, aber ich hoffe, dass er dennoch ein wenig hilfreich ist.

Mal eben etwas im Internet finden, oder „es zu googlen“ klingt ja erst einmal ganz einfach, fast schon trivial. Andererseits ist es anscheinend doch nicht ganz so trivial, denn warum sollte es sonst Seiten wie lmgtfy.com geben? Tatsächlich findet man im Internet wirklich zu fast jedem Problem eine Lösung, zu fast jeder Frage eine Antwort — selbst zu denen, die eigentlich gar nicht lösbar sind. Und natürlich einen Riesenhaufen Mist. Will man also sinnvolle und hilfreiche Dinge finden, müssen drei Dinge beachtet werden:

  1. Suche nach der Antwort, nicht der Frage
  2. Nutze die passende Suchfunktion
  3. Erkenne die korrekten Treffer

Nur wenn alles zusammenkommt, liefert das Internet wirklich hilfreiche Ergebnisse die sich auch weiterverwenden lassen. Aber der Reihe nach:

Suche nach der Antwort, nicht der Frage

So selbstverständlich das klingt, so schwierig kann es dennoch sein. Man sollte sich stets bewusst machen, dass eine jede Anfrage an eine Suchmaschine immer auf eine Volltextsuche durch das Internet hinausläuft. Das bedeutet, dass man einen Begriff oder eine Wortkette suchen muss, die in der gewünschten Antwort vorkommt. Statt zu fragen „Ich wohne in Hamburg, wie komme ich nach Paris?“ sollte man also eher nach „Routenbeschreibung Hamburg Paris“ suchen.

Das ist zum einen natürlich viel kürzer und daher schneller getippt, andererseits wird man die Frage so nicht auf irgendeiner Webseite ausgeschrieben finden, die Worte Routenbeschreibung, Hamburg & Paris hingegen schon eher.

Glück hat man, wenn es sich um ein rein technisches Problem handelt, dann darf auf die Existenz von gut gepflegten FAQ-Seiten gehofft werden. Diese enthalten dann nämlich meist tatsächlich genau die Frage die man sich gerade stellt. Aber auch hier gilt: Der Seitenbetreuer formuliert die Frage vielleicht anders, die Elemente der gewünschten Antwort sind aber meist alle irgendwie vorhanden.

Nutze die passende Suchfunktion

Nimm Google“ reicht für vieles aus, aber eben nicht immer. Wenn ich zum Beispiel etwas über einen Film wissen will, frage ich lieber direkt die IMDB. Bei Übersetzungsproblemen komme ich mit LEO weiter. Natürlich kennt auch Google all diese Seiten, aber die Verwendung der „passenden“ Suchseite stellt die Suche in einen Kontext: Wenn ich die IMDB nach „Welcome to the Jungle“ frage, ist klar, dass ich nach einem Film suche, Google müsste ich wahrscheinlich erst mehr oder minder mühsam klar machen, dass ich gerade kein Interesse an Guns’n’Roses habe.

Es hilft also, sich einen Katalog an durchsuchbaren Spezialseiten zuzulegen, und zu wissen wann welche am besten passt. Wenn ich nach einem (US-englischen) Slangbegriff fahnde, werde ich eher eine sinnvolle Antwort beim Urban Dictionary bekommen, als wenn ich ihn direkt bei Google suche: Ersteres wird mir stets nur eine Definition liefern, während Google mir haufenweise Seiten präsentiert, die diesen Begriff verwenden. Ein Traum für Sprachforscher, aber nicht hilfreich, wenn ich einfach nur wissen will, was mein Chat-Gegenüber mir gerade sagen will.

Kleiner Tipp: Firefox hat im „Schnellsuche“-Lesezeichenordner viele hilfreiche Quicklinks für solche Fälle vorbereitet.

Erkenne die korrekten Treffer

Suchmaschinenoptimierung ist anscheinend ein dickes Geschäft. Und als Resultat finden viele Suchmaschinen neben den Dingen die einen interessieren, viele-viele Seiten, von denen die Betreiber möchten, dass sie einen interessieren. Oder man zumindest mal draufklickt, damit die Werbebanner Umsatz machen.

Also nicht einfach immer auf den ersten Link klicken :). Zuerst mal die Trefferliste durchsehen. Bei technischen Problemen sollte man schauen, ob nicht ein Treffer auf der Herstellerseite dabei ist. Die meisten Suchmaschinen zeigen zudem kurze Snippets an — wird dort die richtige Frage gestellt, oder scheint es sich um die gesuchte Antwort zu handeln?

Vorsicht ist hingegen geboten, wenn die Snippets oder die URL gar ganz genau die gesuchte Phrase enthalten. Das sind dann häufig Linkfarmen die einem im besten Fall einfach nur viel Werbung präsentieren, im schlimmsten Falle hingegen auch noch mit Viren und anderem Mistzeug belästigen.

Selbst wenn der Link auf den ersten Blick seriös aussieht, und die gefundene Information plausibel erscheint: Nichts was im Internet steht, sollte ungeprüft übernommen werden. Findet sich die gleiche Information auch auf anderen Seiten? sind vielleicht bekannt vertrauenswürdige Seiten dabei? Werden Quellen zur Herkunft der Information genannt, und sind diese überprüfbar?

Es hilft, wenn man sich nicht nur die gefundene Stelle einer Webseite ansieht, sondern auch mal links und rechts davon auf der gleichen Seite umschaut. Passt das Umfeld zur Information? Erscheinen die Autoren auf ihrem Gebiet kompetent? In welchem Kontext wird die Information angeboten?

In der Regel kann man mit diesen Filterfragen recht schnell die „guten“ Treffer herausfiltern und gegenprüfen. Mit nur ein wenig Übung bekommt man so wirklich schnell einen guten Überblick zu jedem Thema.

Bedingungsloses Grundeinkommen?

Das Thema kocht ja in der Piratenpartei immer wieder mal hoch, es wird leidenschaftlich über die Machbarkeit und Konsequenzen gestritten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, kurz BGE, setzt aber einen grundlegend neuen Gesellschaftsvertrag voraus:

Unter BGE-Bedingungen wird Arbeit nicht geleistet um den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie wird geleistet, um sich von der Masse abzuheben, um der Gesellschaft etwas zu geben, um sich selbst zu verwirklichen, whatever.Nicht aber um die eigenen Grundbedürfnisse zu befriedigen, die werden einem quasi „geschenkt“.

Zusätzlich stellt das BGE auch die klassische Lohnleiter auf den Kopf: Heutzutage werden Berufe und Positionen die interessant sind und auch viel Macht verleihen, also an sich schon denjenigen „belohnen“, der sie ausfüllt, zusätzlich stark monetär entlohnt. Zugleich sind diese
Positionen rar gesät, es gibt mehr Interessenten für diese als verfügbare Stellen.

Nach den Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage müssten diese Jobs eigentlich einen recht niedrigen Lohn zahlen — (niedriges Angebot an Jobs, hohe Nachfrage seitens der Bewerber. Oder eben auch: Hohes Angebot an Bewerbern, niedrige Nachfrage seitens der offenen Positionen).

(vereinfacht lasse ich hier einmal den Ansatz „viel Verantwortung/Hohes Risiko == hohes Salär“ aussen vor. Zumal das Risiko das viele
Führungspositionen tatsächlich haben über die Jahre eher gesunken ist, Stichwort „goldener Fallschirm“)

Im Bereich der „dreckigen“ Jobs siehts genau anders aus: Diese Berufe sind gesellschaftlich notwendig, sind nicht sonderlich beliebt (und daher nicht die erste Berufswahl). Dennoch kommt hier Spott zum Schaden: Sie sind hart UND schlecht bezahlt. Wiederum nach reiner Marktwirtschaftslehre eigentlich seltsam.

Mit Einführung eines BGE wird diese Sache nach Marktwirtschaftslogik endlich vom Kopf auf die Füße gestellt: Die wirklich gesellschaftlich
wichtigen Aufgaben, solche die unsere Infrastruktur und unser Funktionieren sichern müssten überproportional gut bezahlt werden, um
sicherzustellen, dass genügend Personal für diese zur Verfügung steht.

Gesellschaftlich „überflüssige“ Tätigkeiten, also solche die nur den direkten Auftraggeber bereichern, sonst aber keinen gesamtgesellschaftlichen Beitrag leisten fallen dabei unweigerlich ab. So ein Gesellschaftskonstrukt muss uns zwangsläufig erst einmal unsagbar
dysfunktional und seltsam vorkommen, es widerspricht unserer intuitiven Lebenserfahrung.

Die Idee ist also zutiefst utopisch, im klassischen Wortsinn.

Nur wenn wir uns darüber klar werden, welche Reichweite ein Konzept wie das BGE wirklich hat, kann man ernsthaft darüber diskutieren. Dann sollte man aber auch langfristig über alternative Wertsysteme nachdenken, man google zum Beispiel mal nach Whuffie.

Reden mit Satirikern.

So, ich habe eine Nacht drüber geschlafen, Kommentare hier freigeschaltet, mich noch ein wenig aufgeregt, und ansonsten an der Antwort gefeilt.

Herr Nuhr ist sicherlich mit eher niedrigen Erwartungen an die Piratenpartei in diese Sache gegangen. Leider sind diese wohl „an diesem Wochenende von der Wirklichkeit bis zur Kenntlichkeit zerstört wurden…“ wie er sich ausdrückt.

Er hatte „kübelweise Beleidigungen, Drohungen und wirre Aggressionsausbrüche“ in seinem Postfach, und dazu noch eine Mail von einem „Funktionär der Partei“ , die wohl das Fass zum überlaufen brachte. (Eine Einladung „zum Dialog“, die sowohl eine Andeutung zur vermeintlich eigenen Medienmacht enthält und gleichzeitig in sichtbarer Kopie an eine Zeitung geht? Ich bitte Euch!)

Er hat in seiner (eher knappen) Antwort an mich auch die (ausführliche) Antwort an eben diesen Funktionär beigelegt, in dem er darlegte, wie er die Piratenpartei und ihre Themen versteht, und warum er genau so geschrieben hat. Sie zeigt auf jeden Fall, dass eine Dialogbereitschaft und ein Interesse an der Piratenpartei zumindest bestand, beides aber durch die wüste Reaktion unserer Basis beinahe komplett eingestampft wurde.

Es folgt meine Antwort an ihn, in der vagen Hoffnung, dass einige andere auch etwas daraus lernen können.

Hallo,

jetzt, mit etwas mehr Zeit, kann ich Ihnen ausführlicher antworten.

Vorneweg: Ja, rund um die Piratenpartei hat sich in der Tat ein ziemlicher Chaotenhaufen angesammelt. Das wäre an sich nicht weiter schlimm, es sind ja auch viele gute Leute dazugestoßen, wenn sich die Partei nicht gleichzeitig der fast unbedingten Basisdemokratie verschrieben hätte, da darf nämlich jeder mitreden, die Kommunikation nach aussen wird auch kaum gefiltert.

Die Piratenpartei ist schlicht zu schnell zu groß geworden, und ihre Anhänger fühlen sich momentan stets in der Defensive. Haben sie doch jahrelang mit angesehen, wie Andere die Deutungshoheit in den Medien hatten.

Jetzt plötzlich selbst „laut“ werden zu können, Mittel zu finden um sich Gehör zu verschaffen, das berauscht. Und leider können nirgendwo schneller Feindbilder aufgebaut und bedient werden als im quasi-anonymen Internet. Im Ergebnis schießen manche dann in ihrem Enthusiasmus quer, vergessen manche Regeln der professionellen Kommunikation und manchmal sogar des Anstandes. Daß versucht wurde, plump eine Zeitung in die Auseinandersetzung mit Ihnen über dieses Thema hineinzuziehen halte auch ich übrigens für schlechten Stil.

(Es ist fast schon Ironie, dass ich diesen Brief auf meiner Homepage veröffentlichen werde, um eben auch andere über meine Meinung aufzuklären.)

Das ist keine Entschuldigung für die Ansammlung von Mist in Ihrem Postkorb, sondern eine Erklärung. Seien Sie bitte versichert, daß es auch sehr viele andere Menschen in der Piratenpartei gibt, nur geht deren Stimme manchmal leider im Geschrei der anderen unter. Mir persönlich tut es jedenfalls sehr leid, dass sie solch einen Eindruck von der Partei und deren Sympathisanten bekommen mussten.

Sie können sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie sauer ich auf diese Leute bin. Wie kann ich Ihnen jetzt erzählen, dass Satire auch manchmal ein Stück zu weit gehen kann, ohne mich in den Chor der Merkbefreiten einzureihen? Wieso sollten Sie mich ernst nehmen?

Denn Sie haben ja Recht: Die Piratenpartei muss sich, wie jede andere öffentliche Gruppierung auch, der Satire stellen können. Und gerade als diejenigen, die Meinungsfreiheit propagieren, sollten wir eben auch Ihre Stimme gelten lassen.

Und natürlich weiss ich auch, wovon Sie sprechen; der Streit um die Downloads urheberrechtlich geschützter Werke waren ja der Auslöser für die Gründung der Piratenpartei in Schweden. Und es ist ein Thema das gut zieht. Allerdings haben wir tatsächlich den Anspruch, mehr als eine Filesharerpartei zu sein. Eigentlich versteht sich die Piratenpartei in Deutschland hauptsächlich als Bürgerrechtspartei. Da Sie es aber aufbrachten, möchte ich ein wenig mehr auf die Downloadgeschichte eingehen:

Den meisten Menschen in der Piratenpartei sind Urheber tatsächlich ziemlich wichtig. Viele von uns kommen aus der Open Source oder Creative Commons Bewegung. Dort steht meist nicht das einzelne Musikstück, das einzelne Programm im Vordergrund, sondern die Menschen und das Können dahinter. Man erkennt an, dass die meisten Werke auf den Schultern von Riesen stehen: Man ist beeinflusst von anderen Menschen, hat sich inspirieren lassen, oder gar andere Werke mittels eines Remixes mit aufgenommen.

(Wie viele Filme funktionieren heutzutage hauptsächlich über Zitate und Parodien?)

In dieser Kultur wird Geld nicht über den Verkauf von Kopien verdient, sondern über Auftritte, Dienstleistungen rund ums Werk, Merchandising, und so weiter. Fragen Sie mal Herrn Köhntopp.

Es ist eine Überzeugung, dass diese Weltsicht, diese Geschäftsmodelle grundlegend besser sind als der bloße Abverkauf von Datenträgern.

Gleichzeitig wird der Gesellschaft aber durch die Industrie ein sehr viel restriktiveres Modell vorgesetzt. Danach sollen die Möglichkeiten erworbene Kopien von Musik oder Filmen abzuspielen idealerweise komplett von den Rechteinhabern kontrolliert werden können. (Daß Amazon in der Lage war, erworbene & bezahlte elektronische Kopien von George Orwells „1984“ einfach so von den privaten Lesegeräten zu löschen sollte einen aufhorchen lassen.)

Und das ist das Kreuz: Aus Kundensicht sind illegal erlangte Kopien einfach deutlich besser und vielseitiger als die legal erworbenen. Auf heruntergeladenen Filmen fehlt die Werbung, die man bei gekauften DVDs häufig nicht wegspulen kann, illegale MP3s kann ich überall abspielen, während von Sony gekaufte Audio-CDs teilweise sogar den eigenen PC quasi kaputt machten.

Und solange sich diese Situation nicht ändert, werden Leute weiterhin illegal kopieren. Nicht weil sie primär die Künstler um ihr Geld bringen wollen, sondern weil sie deren Werke ohne Stress genießen wollen.

Apples iTunes Store, Amazons MP3-Angebot oder auch das recht erfolgreiche Webangebot last​.fm zeigen, dass die Bereitschaft für Inhalte zu zahlen durchaus da ist.

Allerdings halten die großen Rechteverwerter noch stark an ihren alten Geschäftsmodellen fest, und haben genügend Lobby in der Politik, sich diese durch immer restriktivere Gesetze sichern zu lassen — zu Lasten von Verbraucher- und Bürgerrechten.

Es fehlt aus unserer Sicht einfach jegliches Verhältnis zwischen dem Wert eines heruntergeladenen Musikstückes, und den teilweise drakonischen Strafen und Bürgerrechtseingriffe die dagegen eingesetzt werden.

Diese beiden Dinge zusammen, der Glaube, dass es ein besseres Geschäftsmodell für Kultur gibt, und dass eben dieses Verhältnis nicht mehr stimmt, diese haben die Piratenpartei entstehen lassen.

Das alles ist furchtbar kompliziert, schwer zu vermitteln und noch dazu kontrovers. Darüber darf und soll man sich dann auch gerne lustig machen, da habe ich persönlich überhaupt kein Problem mit, und die Piratenpartei sollte auch keines haben.

Anders sieht es bei der Sache mit der Kinderpornografie und in Verlängerung der Causa Tauss aus:

Namhafte Politiker aus fast allen „großen“ Parteien hatten und haben teilweise immer noch keine Skrupel, die Gegner des (objektiv) gegen Kinderpornografie wirkungslosen und (aus unserer Sicht) schädlichen Zugangserschwerungsgesetzes allesamt als potentielle Kinderschänder zu diffamieren. Die Bedenken von weit über 100.000 Petitionsunterzeichnern (zu denen auch ich gehöre), also Menschen die sich eines demokratischen Instruments bedienten wurden einfach abgewatscht und ignoriert.

In deren Sprache, die häufig von den Massenmedien unkritisch übernommen wurde, war die Piratenpartei damit die Partei der Kinderpornounterstützer, ganz ohne Jörg Tauss, der da noch SPD-Mitglied war.

Die Wagenburg war also schon halb gebaut, der Ruf eh schon ruiniert. Als Jörg Tauss aus Empörung über das Abstimmungsverhalten der SPD aus seiner Partei austrat, und einen Mitgliedsantrag bei der Piratenpartei stellte, wurde nicht mehr lange überlegt:

Nach Satzung und den Grundsätzen der Partei konnte ihm die Aufnahme nicht verwehrt werden. Im Gegenzug konnten wir ebensogut umso beherzter für Grundrechte wie die Unschuldsvermutung einstehen und gleichzeitig von knapp 50 Jahren Politikerfahrung profitieren.

Ganz unabhängig von dem laufendem Verfahren, ist Jörg Tauss nämlich meines Wissens nach ein hervorragender Fachpolitiker.

Gut, er ist auch ein dickschädeliger Querkopf, mit manchmal recht wenig Fingerspitzengefühl. Aber er ist eben einer der wenigen Bundespolitiker, der sich schon seit buchstäblich Jahrzehnten mit Netzpolitik beschäftigt, der gleichzeitig sogar an den derzeit gültigen Strafrechtsteil hinsichtlich Kinderpornografie mitgeschrieben hat. Von seiner jahrzehntelangen Politikerfahrung mal ganz zu schweigen.

Eine junge Partei wäre blöd, sich solches Know How entgehen zu lassen.

Andererseits ist es gleichzeitig natürlich schon ein wenig politisch blöd, diesen Mann öffentlich zu präsentieren (wenn das durch die Partei auch gar nicht so viel war, Herr Tauss präsentiert sich hauptsächlich selbst), und damit ein gefundenes Fressen für Leitartikelschreiber und, ahem, Satiriker.

Dennoch bleibt, dass der Kinderpornovorwurf gegen die Piratenpartei halt sehr schmerzt. Gerade weil er, vom Selbstverständnis der Piratenpartei, genau das Gegenteil von den Zielen der Piraten verkörpert. Die fragt sich nämlich zum Beispiel, warum (privatwirtschaftlich geführte) Banken Kreditbetrügern im Internet weltweit innerhalb von 8 Stunden das Handwerk legen kann, unsere Polizei aber eine Kinderpornoseite angeblich nichtmal innerhalb einiger Monate aus dem Netz bekommt und nun auch noch per Gesetz Warnseiten für die Anbieter dieses Schmutzes aufbaut.

Im Ergebnis hoffe ich, daß die Piratenpartei als Ganzes etwas aus dieser Sache lernt: Mit Satire umgehen zu können, und die Trolle in den eigenen Reihen zu bändigen. Ich jedenfalls werde meinen Teil dazutun. Und Sie verstehen uns jetzt vielleicht ein klein wenig besser, und erwähnen die Piratenpartei auch in Zukunft mit spitzer Feder oder Zunge — nur eben ohne uns Kinderpornografie anzulasten.

bye,
Christian Buggedei

PS: Hier oben in Norddeutschland nannten sich die Piraten um Klaus Störtebeeker übrigens „Liekedeeler“ — „Gleichteiler“. Und es ist belegt, dass auf Piratenschiffen trotz aller Barbarei auch die ersten modernen Demokratien herrschten.

Piratenpartei“ ist ohne Zweifel ein Kampfbegriff, und wahrscheinlich tatsächlich ein wenig pubertär wie sie es nannten. Er nimmt aber eben nur den Namen auf, den die Musikindustrie den Nutzern angehängt hat. Nun versuchen wir, etwas positives daraus zu machen. Nicht immer wird die Partei diesem Anspruch gerecht, aber so schnell geben wir nicht auf. :-)