Bei materiellen Dingen wie Autos, Häusern und Bananen ist das ja noch einzuschätzen. Da gibt es zwar immer noch Spannbreiten, die durch Marke, Lage oder Knappheit geformt werden, aber man kann nachschauen, was das Zeug in der Herstellung gekostet hat, und wieviel Geld es kostet, eine Banane aus Brasilien in meinen Supermarkt um die Ecke zu liefern.
Aber was ist mit dem Wert eines Buches? Oder eines Kunstwerkes? Klar, es gibt die Arbeitszeit, die der Autor oder der Künstler hineingesteckt hat, aber die hat im seltensten Fall etwas mit dem „Wert“ des Buches zu tun. Bestsellerautoren wie Hemingway steckten in der Regel ähnlich viel Zeit in ihre Bücher wie unbekannte Schundschreiber. Und deren Bücher kosten im Handel spätestens als Taschenbuch auch ähnlich viel. Dennoch wird dem ein Hemingway Roman als „wertvoller“ angesehen. (Und wahrscheinlich zu Recht. Ich oute mich hier mal, dennoch noch nie einen Roman von Hemingway gelesen zu haben. Hätte es „Der alte Mann und das Raumschiff“ gehießen, sähe das wohl anders aus. Aber ich schweife ab..)
Von Michael Moorcock habe ich gelesen, dass er seine Bücher angeblich wiederum häufig innerhalb weniger Tage „runterschrieb“ — und dennoch recht großzügige Schecks dafür erhalten hat. Und wieder: Seine Bücher stehen im Buchhandel mit dem gleichen Preisschild wie die von Hemingway.
Der Wert von künstlerischer Arbeit hängt also nur marginal davon ab, was der Endverbraucher für sie bezahlt.
Und das führt mich zum Punkt den ich machen will: In der Diskussion um Filesharing, Urheberrecht, etcpp. höre ich immer wieder folgenden Satz: „Wenn alles kostenlos gemacht wird, hat das Werk doch gar keinen Wert mehr!“
Ich verstehe diesen Satz nicht. So überhaupt nicht. Der Wert eines Musikstückes oder eines Buches ergibt sich doch nicht aus der Anzahl Geldeinheiten, die darüber erzielt werden. Natürlich sind diese nicht unwichtig, Applaus ist zwar die Nahrung des Künstlers, aber das Dach über den Kopf bezahlt er oder sie immer noch mit harter Währung. Insofern ist es natürlich wichtig und richtig, dass wir bereit sind und bleiben Künstler zu bezahlen.
Aber zu behaupten, dass Kunst nichts wert sei, es sei denn dass für sie von vornherein ein Preis X verlangt wird, dass ich sie ohne diesen Preis nicht zu Gesicht bekomme, das halte ich doch für arg abstrus.
Ich postuliere, dass der Wert eines Werkes sich eher daraus ableitet, wie viele Leute es beeinflusst. Bislang wurde dieser Wert eben indirekt aus den Kopieverkäufen errechnet und monetarisiert. Das funktionierte, weil Kopienerstellung vergleichsweise aufwändig war. Die meisten Leute haben also lieber gekauft als selbst kopiert. Nicht, weil ihnen das Urheberverwertungsrecht wichtig war, oder weil sie ein grundlegendes Bewusstsein für die finanzielle Not des Autoren hatten, sondern weil es die einfachste Möglichkeit war.
Heute ist es aber nicht mehr die einfachste Möglichkeit. Leider haben sich aber die meisten „Schaffenden“ daran gewöhnt, den Wert ihrer Werke anhand der Verkaufszahlen abzulesen, anstatt an Downloads und Bekanntheitsgrad. Zudem fehlen eben noch weitverbreitete und leicht verständliche Mechanismen Downloads und Bekanntheitsgrade verlässlich in Geld umzuwandeln. Sobald sich solche Mechanismen etabliert haben, wird sich hoffentlich die momentane Raubkopierer-vs-Urheberrechtsdebatte erübrigen.
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