Islam, Karikaturen, Terror — punching up or down?

Vor einigen Jahren habe ich einmal einen spannenden Beitrag zum Thema „Comedy und schwierige Themen“ gelesen: Punching up. Lest das ruhig mal. Die Quintessenz ist diese:

Du darfst Dich mittels Comedy, Satire etc. über jemanden lustig machen, wenn dieser Jemand mächtiger ist als Du! Dann ist es Nobel und lobenswert. Ist das Ziel schwächer, dann wäre das ziemlich schlechter Stil und gemein.

In der letzten Zeit nannte sich plötzlich jeder Charlie, Karikaturen wurden wieder-und-wieder veröffentlicht, und danach dann die offensichtlich präsente und steigende Terrorgefahr angeprangert. Keine Frage: Menschen wegen Bildern oder schlechten Witzen physisch anzugreifen oder auch nur zu bedrohen ist inakzeptabel. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, daß ich erhalten wissen will. Und auch ansonsten finde ich das Konzept spannend — mir sind zwar viele Mittel und Aktionen der linken Szene oder der Antifa zuwider, aber sie richten sich wenigstens nicht gegen Schwächere. Wohingegen ja die Rechtsradikalen gezielt auf eben diese Schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft treten.

Da zeigt sich schon allein an der Auswahl der Ziele, wer hier moralisch besser dasteht.

Aber zurück zum Thema: Wenn, im westlich-christlichen Abendland Mohammend-Karikaturen und Islam-Witze verbreitet werden — ist das dann Punching Up oder Punching Down? Natürlich muss man das tun dürfen, Meinungsfreiheit etc., aber muss man das auch gut finden?

Wer ist hier wirklich der Stärkere, gegen den mittels Humor angestunken werden muss? „Der Islam“ (was schon ein reichlich diffuses Gebilde ist), „die Terroristen“ (wieder: Ziemlich diffus als Gruppierung), „radikale Islamisten“ (schon etwas konkreter, aber immer noch sehr unscharf) oder gar „die Cartoonisten“ (die ja meist weiß, gebildet und sozial abgesichert&integriert sind. Insofern alles andere als Randgruppe).

Klar ist: Wer tatsächlich Menschen terrorisiert, verletzt oder gar tötet ist damit auf jeden Fall im Unrecht, egal warum. Aber handeln diese Leute aus einer Position der Stärke oder der Schwäche? Ich weiß es gerade nicht, finde es aber überdenkenswert, um die eigenen Reaktionen darauf zu kalibrieren.

Homophobie

In meinen Google+-Kreisen und in meinem RSS-Feed tauchen seit einiger Zeit Bekenntnis-Posts auf: Dort wird ehrlich geschildert, wie homophob man früher gewesen sei, wie das kam, und warum man das jetzt nicht mehr sei.

Im Endeffekt ist das wahrscheinlich eine lobenswerte Reaktion auf die seltsamen Zeitungskommentare und Talkshowrunden in letzter Zeit, und eigentlich springe ich ja gerne auf jede Sau auf, die da gerade durchs Dorf getrieben wird.

Aber hier geht das irgendwie nicht ganz. Denn wenn ich so in mein Leben zurückdenke, dann war ich nie homophob. Oh, ich habe sicherlich als Jugendlicher das Wort „schwul“ als Adjektiv für „das ist aber doof“ verwendet. Das tut mir im Nachhinein auch sehr leid, und ich ärgere mich immer, wenn andere das in meiner Gegenwart noch tun. (Überhaupt scheint es mir, dass man als Heranwachsender sich erstaunlich wenig Gedanken über das eigene Vokabular macht.)

Aber ich hatte nie eine wirkliche Verbindung zwischen dem spontanem Ausruf und tatsächlichen männerliebenden Männern gezogen. Mir ging es da weitgehend wie Torsten Kleinz: Homosexuelle Menschen waren einfach kein Teil meiner Lebenswelt. Es mag sein, dass einzelne Mitschüler heimlich oder zu dem Zeitpunkt unbewusst homosexuell waren, aber wenn, dann haben sie sich erst geoutet, nachdem ich komplett den Kontakt zu ihnen verloren habe.

Insofern wusste ich zwar um die theoretische Existenz von schwulen, lesbischen und anderen nicht heteronormativen Beziehungsformen, aber all das war ungefähr gleichbedeutend mit der Existenz von Cowboys, Astronauten oder Rockstars: Es gab diese Menschen, aber eben nur „irgendwo da draußen“. Die waren nicht bedrohlich oder sonstwas, sondern einfach nur irgendwo in der Welt existent. Und das Radio Gaga Video von Queen fand ich einfach nur cool und lustig.

Und als ich dann doch so langsam meinen ersten Cowboys, Schwulen, Transvestiten und eben auch Rockstars begegnete, dann war mir eigentlich ganz schnell klar, dass das auch nur Menschen sind. Und so habe ich die dann auch behandelt.

Alles andere wäre mir lächerlich erschienen.

Dezember

Ich finde ja diese schwarzen Bretter in Supermärkten immer wieder großartig. Mit nur wenigen Blicken erhält man einen Einblick in einen seltsamen Mikrokosmos aus gebrauchten Autoreifen, Fluxkompensatoren, häßlichen Sofas,  alten Spielekonsolen und Haustier- und Babysitting.
Suche: Eine FRAU Und heute fand ich halt dies hier, eine Kontaktanzeige. Man beachte die diversen Hervorhebungen. Am Rande (und hier abgeschnitten) steht übrigens die vollständige Adresse nebst Handynummer.

So etwas lässt sich wohl auf vielerlei Art lesen: Der alte Mann auf der Suche nach Liebe, die verschrobene Männergemeinschaft auf der Suche nach einer Putzfrau, gar nicht so subtile Ironie, was weiß ich..

Aber es ist Weihnachten, draußen wird es dunkel, und man sehnt sich nach mehr, als einfach nur sich selbst, also will ich mal nicht so sein und habe nun Verständnis für diesen einsamen Mann und seinen Sohn. Ganz sicher erbarmt sich jemand ihrer, und eine neue Familie findet zusammen Glück.

Ganz bestimmt. Frohes Fest Euch allen!

lebe ich korrekt und lebenswert?

Am Wochenende aßen die Freundin und ich Steak. Gekauft haben wir es an der Fleischtheke des örtlichen Supermarkts Feinkost-Supermarkts. Und da wir an ordentlicher Qualität interessiert waren, kostete das (im Endeffekt vom Azubi leider etwas zu dünn geschnittene) Fleisch knapp 40 Euro das Kilo.

Wir hätten auch welches zu über 60 Euro pro Kilo ausgeben können, aber das gab der Geldbeutel dann doch nicht her.

Tatsächlich ist es so, dass man bei Fleisch noch recht gut eine Korrelation zwischen Qualität, Ethik (so man Fleischkonsum überhaupt ethisch rechtfertigen mag, aber das ist eine andere Diskussion) und Preis hinbekommt. Im Versandhandelsgeschäft schaut das schon etwas anders aus und in Sachen Kommunikationsdienstleistung (Telefon+Internet) wird es dann endgültig unmöglich gezielt nach Qualität+Ethik einzukaufen.

Geht einmal durch folgende Artikel und Kommentare und sucht nach dem gemeinsamen Nenner und den Unterschieden:

Dazu kommt, dass teilweise verflixt viel Aufwand und Recherche nötig ist um überhaupt eine sinnvolle Entscheidung treffen zu können: Ist zum Beispiel ein Biohühnerei aus Bodenhaltung mit optionalen Freilauf per se „besser“ als eines aus der Legebatterie? Die Richtlinien für die Bio-Bodenhaltung sind so schwammig, dass die Hühner dort womöglich stressiger leben als in der Batterie, wenn der Landwirt jeden Cent sparen will.

An vielen Stellen hilft es sicherlich, den eigenen Konsum grundsätzlich zu hinterfragen und zurückzuschrauben. Brauche ich dieses oder jenes wirklich? Warum will ich das Ding da haben? Aber andere Sachen sind so elementar, dass man um sie nicht einfach weglassen kann, gleichzeitig aber in der Hand genau derer, die man „bekämpfen“ will.

Mir fällt leider keine wirkliche Patentlösung ein.