Feindbild Polizist?

In der Grundschule besuchte uns in schöner Regelmäßigkeit ein Verkehrspolizist. Der war ein netter älterer Mann (wobei uns Knirpsen ja alle Erwachsenen sowieso immer „alt“ vorkamen), trug eine beeindruckende grüne Uniform und hieß Herr Schaper.

Herr Schaper erklärte uns Ampeln, Verkehrszeichen, wie man in der Dunkelheit zwei Radfahrer von einem Auto auseinanderhalten kann, und all das andere nützliche Wissen um im Großstadtdschungel zu überleben. Ein- bis zweimal im Jahr wurden auf dem Schulhof ein paar Straßenzüge nachgebaut, mit Zebrastreifen und allem drum und dran. Da konnten wir dann auf Kettcars Straßenverkehr auch mal aus der anderen Sicht erleben.

Ich mochte Herrn Schaper, und durch ihn auch Polizisten im allgemeinen. „Die Polizei, Dein Freund und Helfer“ war für mich nicht nur ein Spruch, sondern die Wahrheit.

Irgendwann später hörte ich dann vom Hamburger Kessel. Da wurden unschuldige Leute stundenlang dicht gedrängt auf irgendwelchen Plätzen zusammengepfercht. Nicht mal auf Klo durften die, das blieb mir besonders in Erinnerung. Dass das Einkesseln durch Polizisten geschah war mir zwar irgendwie klar, aber eigentlich auch wieder nicht: Die Vorstellung, daß jemand wie der nette Herr Schaper jemanden nicht aufs Klo lassen würde war dann doch zu absurd.

Auch die ganze Auseinandersetzung rund um die Hafenstraße war für mich recht diffus — obwohl es in der gleichen Stadt passierte in der ich wohnte, war es doch ein anderer Stern. Wer da genau gegen wen und warum „kämpfte“, ob die Hausbesetzer oder die Staatsmacht recht hatte, all das war mir damals gar nicht so wichtig; ich war so 10 bis 13, da hat man andere Prioritäten.

Doch irgendwann, so ganz langsam, hörte Herr Schaper auf, mein Bild von der Polizei zu prägen, und andere nahmen seinen Platz ein. Deren Namen kenne ich nicht, ich habe sie auch so gut wie gar nicht persönlich getroffen, und anders als der nette Verkehrspolizist meiner Kindheit sind diese Menschen mir gar nicht mehr sympathisch:

Seit ich eine eigene politische Meinung habe, mich über Protestaktionen der letzten 40 Jahre informiere, seitdem werden mir viele Einsatzkräfte der Polizei eher unheimlich.

Der erste Polizist der mir unheimlich war, war ein Chinese auf dem Hongkonger Flughafen. Der ging dort mit einem Kollegen Streife, und beide hatten eine Maschinenpistole in der Hand. „Wie soll ich mich sicher fühlen, wenn hier Leute mit schweren Waffen herumlaufen?“ ging mir durch den Kopf. Und: „sowas haben wir ja in Deutschland zum Glück nicht nötig.“

Wenig später sah ich dann fast das gleiche Bild auf dem Münchner Flughafen, diesmal mit deutschen Polizisten mit Maschinenpistolen aus wahrscheinlich deutscher Fabrikation, und ich fühlte mich wieder nicht sonderlich sicherer.

Es folgten die üblichen Begegnungen mit Streifenpolizisten, wie sie jeder immer wieder mal hat, und alle diese Begegnungen waren freundlich und unaufgeregt.

Aber immer wieder sah ich auch Bereitschaftspolizisten am Rande von Demos stehen, in voller Kampfausrüstung. Und immer ertappte ich mich dabei, da lieber einen Bogen drum zu machen. Obwohl ich nichts verbrochen hatte, nicht mal bei den jeweiligen Demos dabei war. Aber die Jungs und Mädels sahen nicht entspannt aus, wirkten bedrohlich.

Meine eigene Meinung kippte dann anlässlich der Demos rund um Heiligendamm endgültig. Ich bekam live mit, wie die offizielle Berichterstattung, und die Erfahrungsberichte der Demonstranten vor Ort immer weiter auseinanderklafften. Polizisten waren definitiv nicht mehr „Freund und Helfer“, sondern ein geeignetes Mittel zur Einschüchterung und Unterdrückung. Das bedeutet nicht, dass die einzelnen Polizisten alle Spaß an Gewalt hätten, oder absichtlich „die Sau rauslassen“.

Aber den schwarzen Schafen wird es anscheinend viel zu einfach gemacht, den Ton anzugeben. Der „Korpsgeist“, festgefahrene Traditionen und engstirnige Vorgesetzte erledigen dann den Rest.

Polizisten sind nicht meine Feinde. Aber sie sind leider sehr häufig auch eben nicht mehr meine Freunde. Und sie wehren sich anscheinend mit Hand und Fuß gegen jede Regelung, die sie wieder zu solchen machen würde…

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