Ungeklärte Rechtslage?

Ich hab mich ja schon über die neuesten Aussagen von unserem werten Herrn Innenminister aufgeregt. Mittlerweile hatte ich Gelegenheit das Interview selbst zu lesen, und mir genauere Gedanken zu machen. Hier mal der relevante Auszug:

Schäuble: Nehmen wir an, jemand wüsste, in welcher Höhle Osama Bin Laden sitzt. Dann könnte man eine ferngesteuerte Rakete abfeuern, um ihn zu töten. 

SPIEGEL: Die Bundesregierung würde wahrscheinlich erst einen Staatsanwalt losschicken, um Bin Laden festzunehmen … 

Schäuble: … und die Amerikaner würden ihn mit einer Rakete exekutieren, und die meisten Leute würden sagen: Gott sei Dank. Aber seien wir ehrlich: Die Rechtsfragen dabei wären völlig ungeklärt, vor allem, wenn daran Deutsche beteiligt wären. Wir sollten versuchen, solche Fragen möglichst präzise verfassungsrechtlich zu klären, und Rechtsgrundlagen schaffen, die uns die nötigen Freiheiten im Kampf gegen den Terrorismus bieten.

So, jetzt haben wir eine Gesprächsgrundlage. Mal alle Aufregung beiseite, das Szenario daß Schäuble beschreibt sieht so aus:

  • Deutsche Aufklärungstornados spüren Bin Laden in einem afghanischen Erdloch auf.
  • Der Bundesstaatsanwalt stellt einen Haftbefehl aus.
  • Während noch das Rechtshilfeersuchen über Diplomatenpost nach Afghanistan geschickt wird, jagen zwei US-Kampfjets das gesamte Erdloch mit Osama und seinen Videofreunden mit Hilfe der deutschen Aufklärungsdaten kurzerhand in die Luft.

Das ist wahrscheinlich in der Tat ein kniffliges Völker‑, Kriegs- und Strafrechtsproblem. Hätte sich der deutsche Tornadopilot der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht? Müssten wir um Auslieferung der US-Piloten ersuchen?

Wo Herr Schäuble allerdings irrt: Das muss nicht per Gesetzesänderung oder ähnlichem geklärt werden! Deutsche Gesetze sind hier eindeutig: Es gibt keinerlei Legitimation jemanden zu töten, ausser es handelt sich um das letztmögliche Mittel eine unmittelbare Gefahr auf das Leben anderer oder sich selbst abzuwenden. Punkt.

Anders sieht es aus, wenn deutsche Soldaten in einen Krieg verwickelt sind. Allerdings, auch hier sind unsere Gesetze eindeutig, darf dieses kein Angriffskrieg sein: Es muss uns schon ein anderes Land vorher angegriffen haben. Ebenfalls Punkt.

Was ist nun, wenn deutsche Politiker unsere Soldaten in Situationen bringen, in denen diese mit diesen Grundsätzen in Konflikt geraten, oder wenn wir uns mit Ländern einlassen, die diese Dinge anders handhaben und dabei auf unsere Grundsätze pfeifen? Tja, das ist dann wirklich eine ungeklärte Rechtslage, die wir aber sicherheitshalber von Gerichten, und nicht von Politikern bewerten lassen sollten.

Und was die „Freiheiten im Kampf gegen den Terrorismus“ angeht: Ich bitte Sie Herr Schäuble. Seit wann helfen Militäreinsätze woanders gegen Anschläge vor der eigenen Tür? Fragen Sie mal die Israelis, wie viel ihnen ihr Militärapparat und „hartes Durchgreifen“ dabei geholfen hat.

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