aarrgh.…

Gerade bei der Zeit gelesen:

Der Europol-Direktor wies rechtliche Einwände gegen Blockaden
kinderpornografischer Internetseiten zurück. „Es geht um den schlichten
Warnhinweis an Internet-Nutzer, dass eine aufgerufene Seite
kinderpornografische Bilder oder Filme enthält. Das hat mit Zensur des
Internets nun wirklich nichts zu tun.“

Ach. Diese ominöse Stopp-Seite ist also mehr so was wie ein „Hier erst ab 18“-Feigenblatt, danach kann ich dann einfach zu der gewünschten Seite weitersurfen?

Nicht?

Dann ist das sehr wohl eine Zensur Herr Direktor:

Zensur (censura) ist ein politisches Verfahren,[1] um durch Massenmedien
oder im persönlichen Informationsverkehr (etwa per Briefpost)
vermittelte Inhalte zu kontrollieren, unerwünschte beziehungsweise
Gesetzen zuwiderlaufende Inhalte zu unterdrücken und auf diese Weise
dafür zu sorgen, dass nur erwünschte Inhalte veröffentlicht oder
ausgetauscht werden.

(Quelle: Wikipedia)

Ich geh dann mal wieder kotzen. 

Juhu, wir sind sicher!

…denn die Bundeswehr darf uns bald auch im Inneren verteidigen! Lest nach bei der taz oder der FR. Erstere liefert leider eine irreführendes und anscheinend falsches Zitat der Änderung, nachdem die Bundeswehr selbst entscheidet wann sie tätig wird. Anscheinend ist dem aber nicht wirklich so, die FR gibt genauere Angaben.

Artikel 35 lautet momentan wie folgt:

(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.

(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen
Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer
Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur
Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese
Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen
Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe
oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land
Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer
Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte
anfordern.

(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall
das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit
es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die
Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu
stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte
zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen der
Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des
Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr
aufzuheben. 

Laut dem Gesetzentwurf
(und der FR) soll dies durch zwei weitere Absätze ergänzt werden: 

(4) Reichen zur
Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalls polizeiliche Mittel nicht
aus, kann die Bundesregierung den Einsatz von Streitkräften mit
militärischen Mitteln anordnen. Soweit es dabei zur wirksamen
Bekämpfung erforderlich ist, kann die Bundesregierung den
Landesregierungen Weisungen erteilen. Maßnahmen der Bundesregierung
nach den Sätzen 1 und 2 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates im
Übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.

(5) Bei
Gefahr im Verzug entscheidet der zuständige Bundesminister. Die
Entscheidung der Bundesregierung ist unverzüglich nachzuholen

Das klingt schonmal etwas entspannter, allerdings ergeben sich eine Reihe von sehr wichtigen Fragen:

  • Wer wird der zuständige Bundesminister sein? 
  • Wie definiert sich so ein „besonders schwerer Unglücksfall“?
  • Und wie bestimmt man, daß polizeiliche Mittel wirklich nicht ausreichen? Noch dazu
    kurzfristig in einer, wie auch immer gearteten, Notsituation? 

Die geplante Änderung ist meiner Ansicht nach viel zu weitreichend formuliert, wenn es doch „nur“ um die Terrorabwehr gehen soll.

Zumal mir da immer noch nicht klar ist, wieso wir dafür wirklich die
Bundeswehr bzw. überhaupt eine Grundgesetzänderung brauchen: Wenn
Terroristen so schwere Geschütze auffahren, dass der Militärapparat der
Bundeswehr notwendig ist um der Bedrohung Herr zu werden, ist dann nicht der Verteidigungsfall gegeben?

Mir, und Berlins Innensenator, ist Angst und Bange, und auf jeden Fall bekommt mein Abgeordneter jetzt sofort eine Email.

Update: Hier die Email an Herrn Annen.

Reichensteuer und Armutsbekämpfung

Kann mir mal jemand erklären, wie mit Hilfe einer höheren Steuer für „die Reichen“ [tm] Armut bekämpft werden soll?

Damit eingesammelte Gelder landen ja nicht direkt in den Taschen „der Armen“ ©, sondern müssen würden nur indirekt verteilt werden.

Im Gegenzug würden wahrscheinlich die berüchtigten Lohnnebenkosten um einen halben Prozentpunkt gesenkt werden, mit sehr viel Glück gibt es noch ein paar mehr Kita-Plätze, oder sogar einige besser ausgestattete Schulen. Potentiell löbliche Ansätze, allerdings frage ich mich eines: Sind diese Ansätze (bis auf die Schulen & Kitas) das nicht nur die Symptome bekämpft anstatt tatsächlich etwas langfristig zu bewirken.

Ich persönlich bin ja mehr und mehr davon überzeugt, dass das Problem „in arm und reich gespaltene Gesellschaft“ eher in den wirklich großen, den börsennotierten Betrieben zu suchen ist. Wenn weite Teile der Wirtschaft vom Prinzip des „Shareholder Value“, und nicht vom vielzitierten „unternehmerischen Denken“ gesteuert werden gibt es kaum langfristig ausgelegte Wertschöpfungsprozesse. Und ohne diese gibt es eben auch keine Rücksicht auf die Mitarbeiter.

Denn wer als Entscheider in seiner Stellenbeschreibung die Zielvorgabe „Gewinnmaximierung für die Anteilseigner“ vorfindet hat keine andere Wahl. Er darf sich zwar um das finanzielle und langfristige Wohlbefinden der ihm unterstellten Angestellten sorgen. Aber er macht sich schuldig, je nach Fall sogar konkret schadensersatzpflichtig, wenn er den ausgeschütteten Gewinn zugunsten der Angestellten oder ihrer Arbeitsplätze schmälert. Das ist den Managern nicht einmal sonderlich vorzuwerfen.

Jedes Regierungshandeln, dass diese Verhältnisse ignoriert wird meiner bescheidenen Ansicht nach das Problem der Schere in unserer Gesellschaft nicht lösen. Eine Reichensteuer schon einmal gar nicht, die hat dann nämlich den oft prophezeiten Effekt der Steuerflucht in andere Länder.

Wie wäre es stattdessen mit einer eher speziellen Steuer auf ausgeschüttete Dividenden und Managergehälter? Und zwar eine, deren Höhe sich daraus errechnet, wie langfristig das durchschnittliche Arbeitsverhältnis in dem Betrieb ist (je länger, desto kleiner die Steuer), wie viele Zeitarbeiter eingesetzt werden (je mehr, desto höher die Steuer) und wie gering und wie häufig die kleinsten ausgezahlten Löhne sind (je mehr schlecht bezahlte Angestellte vorhanden, desto höher die Steuer).

Damit gäbe es eine klare, positive Korrelation zwischen „humanes Benehmen“ einer Firma und den an die Manager und Anteilseigner tatsächlich ausgeschütteten Gewinne. Wer sich mies verhält zahlt soviel Steuern dass er kaum noch etwas von seinem miesen Verhalten hat. Wer sich sozial verträglich verhält wird unter Umständen sogar mit Steuerfreiheit belohnt. 

Wird das Regelwerk sinnvoll gestaltet kann sich diese Steuerfreiheit sogar für den Staat lohnen: Langfristig angestellte Mitarbeiter die vernünftig ausgearbeitete Sozialleistungen vom Arbeitgeber bekommen haben fallen dem Staat nicht zur Last, haben Kaufkraft, beleben andere Branchen, etc. pp.

Welcher Wirtschaftswissenschaftler hilft mir, das auszuarbeiten und an Herrn Steinbrück zu schicken?

Neues Grundrecht…

Es gibt also ein neues Grundrecht. So zumindest titelt es Udo Vetter im Law Blog. Zum einen bin ich mir ziemlich sicher, dass es nur eine neue und konkretere Ausformulierung eines schon bestehenden Grundrechtes ist, aber davon mal abgesehen.

Was mich brennend interessiert ist vielmehr folgendes: Gewährt das „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ auch Schutz bei Beschlagnahmung von Systemen? Wenn meine vertraulichsten Daten nicht ausgespäht werden dürfen, dann sollten sie doch auch sonst nicht eingesehen werden dürfen, oder?

Hier wird es weiterhin sehr viel Arbeit für die Juristen geben, da bin ich mir sicher…