Not My Bundeskanzlerin

Osama bin Laden ist tot. Kommandoaktion. Vielleicht mit ausdrücklichem Ziel ihn zu fassen, vielleicht aber auch wirklich mit dem Ziel ihn zu töten, dass weiss man noch nicht so genau. Da kann man jetzt von halten was man will. Insbesondere wenn man an nicht an deutsche Gepflogenheiten oder Rechtslagen gewöhnt ist, kann man das sogar vielleicht gutheißen. Mit etwas Glück fehlt Al-Quaeda da jetzt die Einheit.

Was aber gar nicht geht: Wenn sich eine Bundeskanzlerin, mit Amtseid auf das deutsche Grundgesetz, vor die Presse stellt und sagt:

Ich bin heute erst einmal hier, um zu sagen: Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten.

Wohlgemerkt, das hat sie nicht einfach so dahingesagt, sondern auf die explizite Frage hin, denn auch deutsche Sicherheitskräfte in der Lage sein sollten, auf diese Weise gegen Terrorhäupter vorzugehen. Eine Frage, die sie im übrigen dann auch komplett unbeantwortet lässt. Denn manche Dinge muss man ja einfach machen.

 

Bücherverbrennungen und so…

Vorweg etwas persönliches: Ich hab ein seltsames Verhältnis zu Büchern. Ich kann zum Beispiel keine Bücher direkt selbst vernichten. Seit gut 20 Jahren habe ich nicht ein einziges Buch verbrannt, in den Müll geworfen oder sonstwie zerstört.

Stattdessen verschenke ich sie, lasse sie via Bookcrossing irgendwo liegen oder werde sie sonstwie los. Aber sie werden nicht durch meine Hand zerstört. Das kann ich irgendwie nicht, so irrational das auch ist.

Aus dieser Warte sind mir Bücherverbrennungen auch zutiefst zuwider. Selbst wenn es sich um üble Machwerke und Haßschriften handelt.  Das bedeutet natürlich nicht, dass es in unserer Überflußgesellschaft nicht doch hin und wieder notwendig ist, überflüssiges Papier einer anderen Bestimmung als dem ewigen Aufenthalt in einem Regal zuzuführen. Das ist mir rational vollkommen klar.

Aber als Ausdruck der Verachtung? Zur Unterdrückung anderer Ansichten oder „falschen Wissens“? Nein, auf gar keinen Fall. Man. Verbrennt. Keine. Bücher. Punkt.

Jetzt aber zum eigentlichen Grund für diesen Post: Da verbrennt ein Depp auf der einen Seite der Welt ein einzelnes Buch, und auf der anderen Seite der Welt werden daraufhin Menschen umgebracht und verprügelt.

Das ist so unfassbar unglaublich, dass kann ich gar nicht richtig in Worte fassen. In den Medien wird jetzt darüber debattiert, wer denn Schuld an den Morden hatte, warum sowas passiert, was das für Auswirkungen auf die Politik haben sollte, und so weiter und so fort. Andere ereifern sich, dass man doch nun deutlich sehen können, wie barbarisch diese oder jene Religion sei, wie rücksichtslos diese oder jene Nation, und so weiter und so fort.

Ich bin jetzt sicherlich kein Religionsexperte. Aber selbst ich weiß, dass es nicht „den“ Islam gibt, genausowenig wie es „das Christentum“ gibt. Und das, was einige Spinner in einem Land treiben, dessen allgemeine kulturelle Entwicklung die Sache mit „da gibt es noch andere und vor allem andersdenkende Menschen, das darf so sein“ schlicht noch nicht verstanden hat (und hey, seien wir mal ehrlich: Wir haben das auch noch lange nicht gegrokt), hat doch nun nichts mit dem Sammelbegriff dieser oder jener Religion zu tun.

Die eine große Erkenntnis unserer Epoche sollte sein, dass es kaum noch homogene Menschengruppen größer als vielleicht 50 bis 100 Personen gibt. Wir sind vielleicht keine einzigartigen Schneeflocken, aber sobald wir auf eine größere Gruppe Menschen zeigen und denen eine Eigenschaft zuweisen, dann liegen wir mit ziemlicher Sicherheit falsch.

Leider hat sich unsere Fähigkeit, Geschehnisse auf der anderen Seite der Welt zu beeinflussen, schneller entwickelt, als unsere Bereitschaft, auch nur die Menschen in Frieden zu lassen, die nicht mal einen Bruchteil so weit entfernt sind.

Persönliches hinten auf der Deichking-DVD

Ich hatte ja versprochen, dazu noch etwas zu schreiben: Michael Söth weist ja auf der Rückseite der Deichking-DVD eindringlich und in drastischen Worten darauf hin, daß Raubkopien ja ein finanzielles Desaster für Kleinstproduktionen wie zum Beispiel Deichking seien.

Danach erklärt er kurz, dass solche Produktionen in der Regel selbstfinanziert sind, und doch auch unterstützenswert seien. O‑Ton: „Oder hört auf, euch über die Scheißfilme, die täglich im TV und Kacksongs, die im Radio laufen zu beschweren.“

Ja gut, sachlich hat der Mann Recht: Solche Produktionen gehören unterstützt. Und nur wenn das passiert, wird das Niveau der produzierten Filme steigen können. Und wenn jemand 100.000 € eigenes Geld investiert, ohne vorher schon Millionär zu sein, dann ist das ein beträchtliches Risiko. Na klar ärgert man sich da, wenn der Film dann massenhaft kopiert wird.

Aber: Mit Verlaub, Filme wie Deichking werden nicht massenhaft raubkopiert. Siehe meinen Beitrag Tauschbörsentrouble von vor ein paar Jahren. Das ist das eine. So sehr es auch dem Ego schmeicheln mag („Die raubkopieren MEINE Sachen! Tausendfach!“), die Realität sieht leider anders aus. Ich behaupte mal dreist, dass die Anzahl der übers Internet verbreiteten und angesehenen Deichking-Kopien maximal im unteren dreistelligen Bereich liegen. Eine Torrent-Suche gibt heute zum Beispiel nur noch tote Links raus.

Dafür dann aber eine passiv-aggressive Publikumsbeschimpfung („Kopier mich nicht, sonst klaust Du mir das Brot vom Teller!“) auf der Verpackung des gerade eben gekauften Produktes durchzuführen finde ich ..

…gelinde gesagt  kontraproduktiv. Wer diesen Text liest, tut das, weil er gerade freiwillig Geld für das Produkt ausgegeben hat. Meistens sogar zum zweiten Mal, da der Film wahrscheinlich schon im Kino oder im Fernsehen (bezahlt via GEZ) gesehen hat.

Ich werde auch den nächsten Film von Herrn Söth kaufen, der Teaser sieht nämlich lustig genug aus. Aber ich hoffe doch sehr, dass der in etwas freundlicherem Tonfall verpackt wird.

Bürgerrechte, Strafverfolgungsinteresse, illegale Maßnahmen…

In meinem Teil der Buzz/Facebook/Blogosphäre machte vorgestern ein Beitrag vom Lawblog die Runde: Unsere Schönwetter-Rechte Die Kernthese? Dadurch, dass es in Deutschland kein Beweisverwertungsverbot gibt, also illegal erlangte Blutproben, Durchsuchungsbefehle und ähnliche Dinge dennoch zur Verurteilung herangezogen werden können, komme es zu einer fatalen Erosion der Bürgerrechte.

Das Ergebnis streite ich nicht ab. Auch ich bin erschrocken über die immer wieder (meiner Ansicht nach in letzter Zeit gehäuften) Meldungen über Aktionen der Staatsgewalt die jedes Maß und jegliche Rechtsgrundlage vermissen lassen, gleichzeitig aber nur negative Folgen für die Betroffenen, nicht aber für die Rechtsbeuger im Amt haben.

Die Ursache sehe ich aber woanders. Tatsächlich halte ich es schon für sinnvoll, das staatliche Strafverfolgungsinteresse hochzuhalten. Und wenn ein Beamter einen Fehler macht, wissentlich oder unwissentlich, so sollte deswegen ein schuldiger Verbrecher nicht straffrei davonkommen.

Das bedeutet aber noch lange nicht, dass damit der Rechtsbruch eines Polizisten, Staatsanwaltes oder nachlässigen Richters legitimiert wird. Im Gegenteil, ich sehe gerade diese Personengruppe in besonderer Verantwortung das Recht zu achten. Bei Fehlverhalten sollte also nicht das Verfahren leiden, aber mit Sicherheit derjenige der den Fehler begangen hat. Wie wäre es, wenn man an dieser Stelle rechtswidrige Aktionen so behandelt, als wären sie eben nicht von Amtsträgern begangen worden?

Aus einer nicht-legitimierten Hausdurchsuchung würde damit schwerer Einbruchdiebstahl, ja sogar bandenmäßig organisiert und bewaffnet. Natürlich muss das dann auch sauber strafrechtlich verfolgt werden, und das Opfer hat dann selbstverständlich Schadensersatzansprüche gegen die Täter.

Ich glaube, das wäre dann ein ausreichender Grund für alle Beteiligten sich vor solchen Aktionen gründlich über deren Rechtmäßigkeit Gedanken zu machen.